Betreuungsstellen - Inlandsmaßnahmen

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Lebensgemeinschaft Rureifel

Die Zielgruppe
Die traumapädagogische Lebensgemeinschaft bietet Platz für bis zu drei Kinder bzw. Jugendliche (m/w), bevorzugt im Alter von 5-12 Jahren, innerhalb einer familiären Gemeinschaft gem. §34 SGBVIII.
Die Entscheidung über eine Aufnahme wird gerne nach einer Kennenlernphase und einem dreitägigen „Schnupperwohnen“ getroffen.
Die Unterbringung kann bis ins frühe Erwachsenenalter gem. §41 SGBVIII und bis zur Erreichung der größtmöglichen Selbstständigkeit erfolgen. Es wird sich am jeweiligen Hilfebedarf des Kindes/ Jugendlichen orientiert. Je nach individuellem Fall ist eine jederzeitige Rückführung in die Herkunftsfamilie möglich.
Das Angebot richtet sich an Kinder/ Jugendliche mit verschiedenen Verhaltens- und Entwicklungsstörungen, die nicht mehr in ihrer Herkunftsfamilie leben können und eines dauerhaften, individuellen und familiären Bezugsrahmens bedürfen.
Die Aufnahme in die Betreuungsstelle setzt einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung durch die Personensorgeberechtigten und eine entsprechende Hilfeplanung nach §36 SGB VIII voraus.

Ausschlusskriterien

  • Frühe massive Bindungsstörung
  • Gewalttätigkeit
  • Tierquälerei
  • Zündeln
  • akute Suchtmittelabhängigkeit
  • Tierhaarallergie

Der Standort
Die Lebensgemeinschaft befindet sich in einem ländlich gelegenen Eifeldorf mit ca. 3300 Einwohnern nahe am Rursee im „Nationalpark Eifel“. Mit seinen schroffen Felsen, Tälern und Wäldern bietet der „Nationalpark Eifel“ viele unterschiedliche Landschaftsbilder. Die dörfliche, landwirtschaftlich geprägte Umgebung bietet vielfältige Möglichkeiten, die Natur zu erleben (z.B. Reitsport, Wandern, Schwimmen etc.) sowie am örtlichen Vereinsleben teilzunehmen.
An einer verkehrsberuhigten Straße gelegen, bietet das Haus Ruhe und Erholung.
Unterschiedliche Schulformen befinden sich im Ort oder in der unmittelbaren Umgebung mit einer guten Verkehrsanbindung.Die Lebensgemeinschaft ist gut vernetzt mit den örtlichen Kindergärten, Schulen, Ärzten, Therapeuten, Kinder- und Jugendtherapeuten, Jugendamt, Nachbarn und anderen Lebensgemeinschaften.

Das Haus
Die Lebensgemeinschaft bewohnt ein großes Einfamilienhaus mit einem 500 qm Grundstück. Den Bewohnern steht ein eigenes, altersgerecht möbliertes Zimmer zur Verfügung, so dass Individualität und Intimität gewährleistet sind. Die Möblierung mit der Möglichkeit der individuellen Gestaltung orientiert sich an den Bedürfnissen des Kindes oder Jugendlichen. Alle Gemeinschaftsräume der Betreuungsstelle sind selbstverständlich mit zu nutzen. Ein Hobbyraum und eine große Garage können zum Werken, Bauen, Experimentieren und Reparieren genutzt werden.
Die Wiesenfläche rund um das Haus ist individuell nutzbar für Ballspiele, Trampolin, für Wasserspiele im Sommer, zum Spielen mit den Hunden oder einfach zum Toben, Sonnen und Ausruhen. Der Garten bietet auch die Möglichkeit zum Gestalten, wie Anpflanzen und Gartenarbeit.

Die Betreuerin (Leiterin), Ehepartner
Die zu betreuenden Kinder bzw. Jugendlichen leben gemeinsam mit:

  • der Betreuerin, staatlich anerkannte Erzieherin mit langjähriger Berufserfahrung und traumapädagogischer Zusatzqualifikation/ Traumafachberatung, Lehrberechtigung Ausbilderin für Rettungshunde
  • dem Ehemann, RWE Angestellter, Erdbaugeräteführer

Sie bekommen Unterstützung von:

  • einer Helferin im Haushalt
  • ggfs. Ergänzungsfachkraft

Die Betreuerin verfügt über vielfältige Erfahrungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die Traumata (durch Gewalt, sexueller Mißbrauch, Vernachlässigung) erlitten haben. Weiterhin hat sie Erfahrungen in der Arbeit mit Kindern, die aus Familien mit Suchtproblemen kommen, ADHS, Lernprobleme haben.
Die Eheleute haben Erfahrungen im Aushalten und Gestalten von Alltag im Sinne von Ausdauer und Belastbarkeit.
Zu den familiären Ressourcen zählen unter anderem die eigene Naturverbundenheit, die Begeisterung und Aktivität im Vereinssport sowie das Reiten.
Drei kinderliebe Hunde (Boxer/ Geprüfter Flächensuchhund beim DRK, Mops und französische Bulldogge) und eine Katze (Freigängerin) leben mit im Haus.
Zur Familie gehört die erwachsene Tochte, die in der Nähe im eigenen Haushalt lebt. Sie besitzt eine Holsteiner Warmblutstut, die zum Erfahrung sammeln, im Umgang mit Pferden genutzt werden kann.
Tiergestützte Förderung findet durch die Tiere in allen Bereichen statt.

Betreuungsgrundlagen und Ziele
Das Ziel ist, eine möglichst selbstbestimmte, eigenverantwortlich denkende und handelnde Persönlichkeit zu fördern, die in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen und die Ideen entwickeln kann, damit sie sich als Erwachsene selbstbewusst in die Gesellschaft eingliedern kann.

  • Bindung aufbauen, auf der sich Vertrauen entwickeln kann
  • Stärkung des Selbstbewusstseins und Aufbau eines positiven, realistischen Selbstwertgefühls
  • Aufbau sozialer Kompetenzen
  • Erlernen von lebenspraktischen Fähigkeiten (Umgang mit Geld, Hygiene)
  • Entwicklung von Moral und einem Bewusstsein für Werte
  • Umgang mit Konflikten, Frustrationen und Schwierigkeiten erlernen
  • Kreativität und Phantasie anregen bzw. wecken
  • Förderung der sprachlichen, kognitiven, motorischen, emotionalen und künstlerischen Fähigkeiten (orientiert am individuellen Entwicklungsstand und den Möglichkeiten jedes einzelnen Kindes/ Jugendlichen)
  • Bewusstmachung eigener Stärken und Schwächen
  • Ganzheitliches Lernen
  • Motivation, Eigenaktivität anregen und Neugierde wecken
  • Eltern in die Arbeit einbeziehen, Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie
  • Gesunde Ernährung
  • Regelmäßige Schulbesuche, Ausbildung
  • Gezielte Freizeit- und Feriengestaltung
  • Verselbstständigung

Das Kind/ der Jugendliche erlebt das alltägliche Zusammenleben innerhalb einer Familie mit liebevoller, kontinuierlicher, zuverlässiger, pädagogischer Begleitung.
In einer reizarmen, ruhigen Umgebung begegnen ihm kontinuierliche, erzieherisch konsequente Bezugspersonen. Der Tagesablauf ist klar und überschaubar strukturiert. So erfährt das Kind/ der Jugendliche Kontinuität und Rhythmus/ Rituale, diese geben ihm Sicherheit. Die Einhaltung von Regeln, erkennen und akzeptieren von Grenzen und die Übernahme von Verantwortung für sich und andere wird im Familienverbund erlebt und erfahren.
Durch Partizipation im täglichen Zusammenleben erhält das Kind/ der Jugendliche die Möglichkeit, sich als Teil einer Gemeinschaft zu erleben, die sich für es/ ihn interessiert in der es/ er sich angenommen und wertgeschätzt fühlt.
Besonders förderlich für eine positive Entwicklung ist die ruhige, naturnahe Atmosphäre, der Kontakt zu den Tieren (Einbeziehung in Anschaffung und Pflege) und das Erleben von tragfähigen, verlässlichen Beziehungen.
Auf dieser sicheren Grundlage kann das Kind/ der Jugendliche seine emotionalen und sozialen Defizite aufarbeiten, Vertrauen aufbauen sowie neue Perspektiven und Verhaltensmuster entwickeln. Der Alltag birgt vielfältige Möglichkeiten zur Kommunikation. Durch Anregung zur Diskussion/ Auseinandersetzung, in denen es gilt, Kompromisse auszuhandeln, erlernt das Kind/ der Jugendliche, eine Streitkultur zu entwickeln und zu leben.
Interessen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Talente können entdeckt und entwickelt werden und fördern die Ausformung eines positiven, realistischen Selbstbildes.
Das Kind/ der Jugendliche erlebt, dass es etwas verändern und schaffen kann (Selbstwirksamkeit).
Erreicht wird dies durch die Einbindung in alltägliche Arbeiten wie kochen, backen, Tiere versorgen, Tisch decken, Gartenarbeit, durch kreative Angebote im Haus (töpfern, malen, werken, fotografieren), die Schaffung von positiven Erlebnissituationen durch gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Ausflüge in die Natur, Museumsbesuch, Theater, Zoobesuch, Radtour etc. .
Die Möglichkeit und Hinführung zur Mitwirkung in einen Verein oder die Teilnahme an sportlichen bzw. künstlerisch oder musischen Angeboten können ebenfalls zu einer gesunden Entwicklung beitragen. Der Aufbau und die Pflege von Kontakten und Freundschaften außerhalb der Familie wird ermöglicht, gefördert und unterstützt.
Unter Berücksichtigung von Alter und individuellem Entwicklungsstand ist die Auseinandersetzung mit der Ursprungsfamilie und den bisherigen Erfahrungen für die Bildung eines guten Selbstwertgefühls von Bedeutung.
Unterstützt wird dies durch die enge Zusammenarbeit mit entsprechenden Therapeuten, regelmäßiger Beratung mit der begleitenden Koordinatorin, dem Jugendamt und wenn möglich, durch regelmäßigen Kontakt zur Herkunftsfamilie. Bei der Elternarbeit ist eine wertschätzende, partnerschaftliche Grundhaltung und die Berücksichtigung der jeweiligen familiären Ressourcen, Voraussetzung für ein gutes Gelingen.
Es steht jedoch immer das Wohl und der Schutz des Kindes/Jugendlichen im Vordergrund, wenn notwendig, ist eine konsequente Grenzsetzung erforderlich.

Traumapädagogik
Die Betreuerin (Leiterin) ist ausgebildete Traumapädagogin und bietet die pädagogische Unterstützung der lebensgeschichtlich belasteten Mädchen und Jungen mit dem Ziel ihrer Selbstbemächtigung hoch qualifiziert an, so dass diese sich möglichst unbeschwert weiterentwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können (Schul- Berufsausbildung, soziale Kontakte und Engagement im Leben vor Ort).
Der traumapädagogisch geschulte Blick lässt sie hinter das gezeigte Verhalten schauen, lässt sie gemeinsam erahnen, verstehen, reflektieren, neue Wege gehen, heilen, verändern…
Die Säulen der traumapädagogischen Arbeit, welche den Arbeitsalltag und die Haltung der Betreuer prägen, sind:

  • Der sichere Ort
  • Die Annahme des guten Grundes
  • Transparenz
  • Wertschätzung Partizipation
  • Freude und Spaß
  • Selbstwirksamkeit
  • Schnittstellenarbeit
  • Bindungsorientierung

Die Lebensgemeinschaft arbeitet mit heilenden Botschaften („Du lebst und du bist willkommen“, „Du kannst zu mir kommen, wenn du mich brauchst“ etc), die Türen öffnen und Beziehung entstehen lassen.
Die Betreuerin arbeitet mit Methoden (Tresorübung, Notfallkoffer, Ressourcendiagramm), die Verhaltensmuster durchbrechen, Trigger sichtbar machen, das Selbstverstehen und Empfinden bewusst machen und Selbstregulation fördern.
„Du bist nicht krank, dumm oder ein Alien, dein Verhalten hat einen guten Grund“.
Mit dieser Grundhaltung stellt sie gezielte “weil“ Fragen, nutzt Verstehensprozesse, um Türen zu öffnen. Die Lebensgemeinschaft schafft einen Ort der Berechenbarkeit, in dem sie die Kinder und Jugendlichen einen transparenten, verantwortungsvollen Umgang mit Hierarchien, Strukturen und Machtverhältnissen erleben lässt.
Sie schafft Begegnungsmöglichkeiten und begleitet und fördert Kontakte zu Gleichaltrigen. Ohne Aufklärung, Beratung, Offenheit, Zusammenarbeit, Transparenz der Arbeit sind Lehrer, Erzieher, Eltern oder Freunde oft gleichermaßen überfordert.
Sie ziehen sich dann möglicherweise zurück, brechen Kontakte ab, reagieren hilflos und ärgerlich, fühlen sich unverstanden. Hier leistet die Betreuerin Schnittstellenarbeit und holt alle an einen Tisch.
Die Lebensgemeinschaft bietet den Kindern/ Jugendlichen vielfältige Möglichkeiten zur aktiven Gestaltung ihrer eigenen Lebensbedingungen.
In festen, ritualisierten Gesprächsrunden wie z.B. beim Abendessen und der Sonntagsrunde werden sie nach ihren Wünschen für Urlaubs- und Freizeitgestaltung befragt, werden Ideen für Zimmer- Haus- und Gartengestaltung bzw. Anschaffungen gesammelt, Essenswünsche notiert und Regelumsetzungen diskutiert.
Partizipation bedeutet Vertrauensbildung und Kontrolle der Kinder/ Jugendlichen über das eigene Handeln.
Durch gemeinsame Ausflüge, Urlaubsfahrten, Spielabende, mit Lachen und Humor will die Lebensgemeinschaft die traumatisierten Kinder und Jugendlichen gezielt und spielerisch unterstützen, ihre Ressourcen zu aktivieren.
Mit der Haltung: „viel Freude trägt viel Belastung“ bewältigen wir den Alltag bewusst mit Humor und Lachen auch über uns selbst.
Das bringt Gelassenheit und senkt den oft hohen Stresslevel der Kinder/ Jugendlichen.
Unter Berücksichtigung der biografischen Belastungen und aktuellen Traumafolgestörungen unterstützt und begleitet die Betreuerin individuell den Kontakt zur Herkunftsfamilie.
Nach Absprache mit dem Jugendamt, ggfs. Vormund, Koordinatorin und im Hinblick auf das Wohl des Kindes/ Jugendlichen werden Kontakte zur Herkunftsfamilie individuell vorbesprochen, dann umgesetzt und dokumentiert.
Der „sichere Ort“, also das Haus der Lebensgemeinschaft, wäre keiner, wenn die Täterin oder der Täter (ggfs. Herkunftseltern eingeschlossen), betreten könnten.
Für diese sind die Türen verschlossen.

Elternarbeit
Einleitend ist festzustellen, dass der konzeptionell häufig verwendete Begriff der „Elternarbeit“ den Gegenstand dieser Arbeit, sofern er auf die biologischen Eltern des Kindes orientiert ist nur unzureichend beschreibt.
Ein Großteil der durch uns begleiteten Kinder/ Jugendlichen hat in ihrer bisherigen Biografie oft eine bunte Mischung von am Erziehungsprozess beteiligten Menschen erlebt. Diese reicht von den tatsächlichen biologischen Eltern, über wechselnde Partner der beiden Elternteile bis hin zu Pflegeeltern und Vormundschaften.
Der hier verwendete Begriff der Elternarbeit ist in diesem erweiterten Sinn zu verstehen. Die Notwendigkeit von Elternarbeit ergibt sich schon aus der Grundkonstruktion des Kinder- und Jugendhilfegesetzes.
Im Rahmen des leistungsrechtlichen Dreieckes sind die Leistungsempfänger der durch den privaten Träger der Jugendhilfe zu erbringenden‚ Erziehungsdienstleistung sind in der Regel die Erziehungsberechtigten bzw. Personensorgeberechtigten.
Die Sinnhaftigkeit von Elternarbeit ergibt sich aus unserer Sicht vor allem aus drei Grundannahmen:

  1. die Hilfen zur Erziehung sollen grundsätzlich in eine Rückkehr in das – dann als Ort für eine gedeihliche Erziehung besser als vor der Hilfe geeignete – Herkunftssystem münden
  2. für die außerhalb der bisherigen Herkunftssysteme untergebrachten Kinder/ Jugendlichen haben die bisher an ihrer Erziehung beteiligten Erwachsenen (häufig aber keineswegs immer die biologischen Eltern) eine erhebliche emotionale Bedeutung
  3. schon aus anamnestischen/ diagnostischen Gründen ist eine gedeihliche Arbeitsebene mit den bisher Erziehenden hilfreich – unsere Kinder/Jugendlichen sind „Gewordene“.

Um sie verstehen zu können, sind wir meist auf Informationen über den bisherigen Erziehungsverlauf angewiesen.
Vor dem Hintergrund dieser Grundüberlegungen ist die Betreuungsstelle in der praktischen Umsetzung von Jugendhilfe allerdings häufig mit Fallgestaltungen konfrontiert, in denen Elternarbeit einen völlig anderen Fokus bekommt.
In den Prozessen, in denen Kinder/ Jugendliche teilweise erheblicher Traumatisierung zum Beispiel durch körperliche oder sexuelle Gewalt durch die Eltern selbst ausgesetzt waren, besteht die Arbeit oft darin, die betreuten Kinder/ Jugendlichen vor weiteren traumatisierenden Erfahrungen zu schützen.

Konkretisierung
Die konkrete Ausgestaltung der Elternarbeit ist ebenso bunt wie die Biografien der begleiteten Kinder/ Jugendlichen – dies bedeutet nicht, dass Elternarbeit beliebig wird.
Elternarbeit ist zielgerichtet. Dabei orientieren sich die Ziele der Elternarbeit an den im Hilfeplanungsprozess formulierten Zielen der Hilfe insgesamt.
Beispiel: ist eine Rückkehr des Kindes in das Herkunftssystem vereinbart, dann orientiert sich Elternarbeit insofern an diesem Ziel als sie sich einerseits auf eine Stabilisierung der Eltern-/ Kindbeziehungen und andererseits auf eine Verbesserung des erzieherischen know-hows der Eltern fokussiert.
Elternarbeit wird durch uns kooperativ gestaltet.
Wir nehmen Eltern und deren Interessen ernst und kommunizieren mit ihnen auf Augenhöhe. Wir versuchen im Konfliktfall gute Kompromisse zwischen elterlichen Wünschen und durch das Helfersystem festgestellte pädagogische Bedarfe des Kindes/ den Jugendlichen zu finden.
Beispiel: wir berücksichtigen bei der Festlegung von Dauer, Häufigkeit und Ausgestaltung der Besuchskontakte sowohl die Wünsche der Eltern und Kinder, ohne dabei unsere Wahrnehmung dessen, was dem Wohl des Kindes dient, aus dem Auge zu verlieren.
Bei Interessenskonflikten sind wir parteiisch. In den bereits oben erwähnten Fällen, in denen Kinder/ Jugendliche Opfer häuslicher, körperlicher oder sexueller Gewalt wurden, gilt unsere Loyalität den bei uns untergebrachten Kindern/ Jugendlichen.
Der Schutz der Kinder/ Jugendlichen vor weiterer Verletzung hat für uns dann Priorität. Dies kann dazu führen, dass in Absprache mit den am Helfersystem beteiligten Fachkräften keine oder nur besondere (zum Beispiel begleitete) Formen des Elternkontaktes möglich sind – auch dies ist für uns „Elternarbeit“.

Leistungsbereich: Koordinator und Leitung
Zu den Grundleistungen der Koordinatoren und der Leitung zählen:

  • Fachberatung und Fachaufsicht
  • Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung
  • Maßnahmen nach §47 SGB VIII
  • Erziehungsplanung, Hilfeplanung
  • Regelmäßige Kontakte zum jungen Menschen
  • Schulische/berufliche Förderung• Krisenintervention
  • Arbeit mit der Herkunftsfamilie
  • Auswahl von Betreuungsstellen

Kindeswohlgefährdung
Die Koordination achtet auf Anzeichen für potenzielle Kindeswohlgefährdung so-wohl in unseren Betreuungsstellen aber auch an den anderen Orten an denen sich unsere „Schützlinge“ aufhalten.
Bei allem Verständnis für das schwierige pädagogische Alltags-Handeln unserer Fachkräfte beziehen Koordinatoren bei Grenzüberschreitungen der Erwachsenen klar Position. Wie mit allen kritischen Situationen gehen wir auch mit vermuteter oder erfolgter Kindeswohlgefährdung offen und transparent um.
Einschlägige Vorfälle sind durch unsere Fachkräfte unmittelbar (das heißt ohne schuldhaftes Zögern) an die Koordination zu kommunizieren und das weitere Verfahren mit dem Koordinator abzustimmen. Dieser wird regelmäßig unseren 8a-Beauftragten hinzuziehen.
Die weitere Kommunikation zu Kostenträgern/ Personensorgeberechtigten erfolgt über den Koordinator/ 8a-Beauftragten bzw. unter Absprache mit diesen.

Beschwerdemanagement
Wir versuchen das wiederholte Auftreten eines Fehlers/ eines Beschwerdetyps zu vermeiden, indem wir Fehler-/ Beschwerdeursachen unter Beteiligung der Koordinatoren systematisch analysieren und zukünftig vermeiden.
Damit nicht jede Betreuungsstelle alle Fehler/ Beschwerden einmal selbst durchlaufen muss, kommunizieren wir jährliche Auswertungen unserer Beschwerdeverfahren in geeigneter Form.

Kommunikation
Koordinatoren lassen sich über alle besonderen Ereignisse/ Vorkommnisse zeitnah unterrichten – hier gilt die Regel: lieber einmal zu viel kontaktieren als einmal zu wenig.
Offenheit im Umgang mit auch schwierigen Ereignissen schützt uns als Institution und auch jeden Einzelnen von uns im Rahmen seines beruflichen Handelns.
Wir sichern auch den Überbringern „unangenehmer Nachrichten“ institutionell einen stets fairen Umgang zu – dies gilt ausdrücklich auch, wenn Überbringer und Verursacher des Malheurs identisch sind.

Partizipation und Beschwerdemanagement
Wir bieten in unserer Familienwohngruppe einen Lebensort, wo die Kinder/ Jugendlichen sich frei und sicher entwickeln können.
Partizipation ist ein weitreichender und fortlaufender Prozess, der sich durch alle Bereiche zieht.
Von der partizipativen Grundhaltung in der Elternarbeit und Personalführung bis hin zu demokratischen Prozessen für die Tages-, Wochen- und Jahresplanung in Form von Gruppenrunden mit Mitarbeitenden und Kindern/ Jugendlichen.
Ein konkretes Ritual mit dem wir sehr gute Erfahrung gemacht haben, ist die tägliche Abendrunde mit Fragen wie:

  • Was war gut? und
  • Was war nicht so gut?

Partizipation beginnt auf Ebene der Kinder bei der Gestaltung des eigenen Zimmers, über Entscheidungen zur Kleidung, zum Essen, zur Freizeitgestaltung bis hin zu grundlegenden Fragen des Gruppenalltags, der Gruppenregeln und der Personalplanung. Jeder darf sich selber ausprobieren und weiterentwickeln.
Angelehnt an die jeweiligen persönlichen Voraussetzungen, möchten wir die Kinder aktiv in ihre Hilfeplanung einbinden. Gemäß ihrem Entwicklungsstand und ihrem Leben bestimmenden Prozessen, werden die Kinder und Jugendlichen motiviert, sich am Prozess aktiv zu beteiligen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kinder und Jugendlichen gern und gut in der Lage sind, eine schriftliche Selbsteinschätzung in Form eines Berichtes zu formulieren und im Hilfeplan dann eigenständig kommentieren.
Wir verstehen Partizipation als einen Lern und- Entwicklungsprozess für alle
Beteiligten:

  • Wir fordern und fördern die Eigenverantwortlichkeit und somit die Demokratiefähigkeit
  • Wir reagieren auf Bedürfnisse, Ängste und Unsicherheiten im Zuge des Mitbestimmungsprozesses
  • Wir bieten einen guten „Nährboden“ für eine gesunde Identitätsfindung
  • Wir begleiten Prozesse, Entwicklung und Mitbestimmung und fordern auch in diesem Kontext auch Verantwortung
  • Begleitung der Entwicklung und Förderung der Mitbestimmung und freien Meinungsäußerung.

Beschwerdemanagement
Beschwerden sind regelmäßig auftretende Ereignisse in allen Dienstleistungsbereichen und kommen daher auch bei uns vor.
Diese Prozessbeschreibung dient der Information über den von uns gewählten Umgang mit Beschwerdetatbeständen und gibt allen Fachkräften eine Anleitung, wie sie selbst verfahren sollten, wenn sie mit einer Beschwerde konfrontiert sind. Sie informiert über die Art und Weise, wie Beschwerden aufgezeichnet/
dokumentiert werden und wer im weiteren Verfahrensgang welche Aufgaben erledigt. Gleichwohl gibt es „Beschwerden“, die aufgrund ihres Charakters nicht zwingend dokumentiert aber dennoch ernst genommen werden müssen, da sie den Betreuten wichtig sind. Folglich muss auch hier eine nachhaltige Bearbeitung gewährleistet werden.

Grundsätzliche Überlegungen
Beschwerden sind nach üblicher Definition häufig emotional konnotierte Äußerung von Unzufriedenheit, während zum Beispiel Reklamationen üblicherweise eher eine weitgehend emotionsfreie Mängelrüge bezeichnen.
Nach unserem Verständnis können sich grundsätzlich alle an der Umsetzung unserer Dienstleistungen interessierten Parteien, also die Kinder/ Jugendlichen selbst, deren Eltern und Vormünder, beteiligte Mitarbeitende von Behörden, Lehrer, Therapeuten und Ärzte, etc. beschweren.
Beschwerden werden zwar häufig als störend und belastend erlebt; dennoch üben wir uns auch hier in offenem und transparentem Umgang.
Wir sehen Beschwerden grundsätzlich auch als Chance unser berufliches Tun zu verbessern. Wir verfolgen den Ansatz eines fehlerfreundlichen und beschwerdeoffenen Unternehmens – Kollegen, die Gegenstand einer Beschwerde wurden, sind keine „Beschuldigten“. Beschwerdeführer kommunizieren Unmut über nach ihrem Dafürhalten mangelnde Qualität der Dienstleistungserbringung. Grundsätzlich werden alle Beschwerden aufgezeichnet – im Zweifelsfall dokumentieren wir lieber eine Beschwerde zu viel als eine zu wenig.
Grundsätzlich unterscheiden wir den Beschwerdetatbestand von dem der Kindeswohlgefährdung bzw. des Verdachtes auf Vorliegen einer solchen.
> siehe dazu auch die separate „Prozessbeschreibung Kindeswohlgefährdung“ bzw. unser Kindesschutzkonzept.
Gleichwohl können gehäufte Beschwerden von Kindern und Jugendlichen innerhalb einer Projekt-/ Betreuungsstelle zu unangemessener Ansprache durch Fachkräfte (nicht „nur“ wie oben beschrieben mangelndes Gefühl von „Ernst genommen werden“, sondern auch „beleidigt werden“, ständig angeschrien zu werden, gemobbt zu werden etc.). Hinwiese auf potenzielle Kindeswohlgefährdungen geben.

Dokumentation von Beschwerden
Beschwerden werden grundsätzlich von demjenigen, an den die Beschwerde herangetragen wird aufgezeichnet/ dokumentiert.
Dabei kommt der im Intranet zum Download verfügbare Vordruck „Aufnahme von Beschwerden“ zur Anwendung – auch wenn dieser weitgehend selbsterklärend ist, gibt bei Fragen der QMB gerne Auskunft.
Bitte beachten: sind Aufnehmender und Betroffener der Beschwerde identisch, sollte ggfs. ein Kollege oder der Koordinator (oder der Kollege des Koordinators, wenn dieser betroffen ist) involviert werden.
Nachdem der Vordruck durch den Aufnehmenden ausgefüllt ist, wird er per Mail an den QM-Beauftragten versandt und dabei die Leitung in Kopie gesetzt.

Qualitätssicherung
Die Qualität der Arbeit wird sichergestellt durch:

  • In der Regel 14-tägige Besuche und Beratungsgespräche mit der Koordination
  • Austausch mit dem zuständigen Jugendamt
  • Entwicklungsberichte/ Hilfeplan
  • Kollegiale Supervision bzw. Einzelsupervision
  • Austausch mit anderen Betreuungsstellen von QuoVadis-Jugendhilfe
  • Fortbildungen
  • Dokumentation

Gesetzliche Grundlage
Das Betreuungsangebot auf den Grundlagen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII, §§ 34 und 41) ist ein Regelplatzangebot mit einem Betreuungsschlüssel von 1:2.

Stand November 2019